Emilio Vedova, Berlin, 64, 1964, Courtesy Fondazione Emilio e Annabianca Vedova, Venedig, Italien, Foto © Paolo Mussat Sartor
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"Postwar: Kunst zwischen Pazifik und Atlantik, 1945-1965" untersucht erstmals in der jüngeren Ausstellungsgeschichte die turbulente und ereignisreiche Nachkriegszeit als ein globales Phänomen. In acht Kapiteln führt die Ausstellung den Besucher durch die ersten 20 Jahre nach dem Krieg. Dabei macht sie sichtbar, wie die Kunstschaffenden auf die Traumata von Holocaust, Hiroshima und Nagasaki reagierten; wie die zwei politischen Blöcke im Kalten Krieg die Künste instrumentalisierten und so den Gegensatz von Sozialistischem Realismus und Abstraktion festschrieben. Die Ausstellung zeigt, wie Migrations- und Fluchtbewegungen eine neue Form von Kosmopolitismus hervorbrachten. Die Nachkriegszeit markierte außerdem das Ende der europäischen Kolonialsysteme, den Beginn des Aufbaus neuer Nationen, Dekolonialisierung und Befreiungsbewegungen, Länder in Europa, Asien und dem Mittleren Osten wurden geteilt und in den USA entstand die Bürgerrechtsbewegung. Die Aufbruchsstimmung und die dadurch freigesetzte Energie manifestierten sich in der Kunst der Zeit. Neue Technologien drangen in den Alltag der Menschen ein und prägten das Leben mit einer neuen Dynamik. Das Raumfahrtzeitalter faszinierte die Massen genau wie die Künstler und eröffnet letzteren ein vollkommen neues Feld der künstlerischen Auseinandersetzung.
Diese eingehende, global ausgerichtete Ausstellung zur Kunst der Nachkriegszeit zeigt Malerei, Plastik, Installationen, Collagen, Performances, Filme, Künstlerbücher, Dokumente und Fotografien, insgesamt 350 Werke von 218 Künstlern aus 65 Ländern.
Robert Rauschenberg, Axle, 1964, Museum Ludwig, Schenkung Ludwig, Cologne © Robert Rauschenberg Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Der Begriff "Postwar" beschreibt den Zeitraum nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Nach den entscheidenden Siegen der Alliierten – über Deutschland in Europa und über Japan in Asien – hatte die Weltgeschichte einen Wendepunkt erreicht. Auch im Bereich der Kunst markiert die Nachkriegszeit einen historischen und kulturellen Wendepunkt: Sie schwächte die Vormachtstellung westeuropäischer Kunsthauptstädte und stärkte international die Präsenz und Dominanz der zeitgenössischen amerikanischen Kunst, der Populärkultur und der Massenmedien. Der Zustand der Künste ließ einen klaren ideologischen Bruch erkennen. Der Kalte Krieg teilte die Welt in zwei Einflussbereiche, und hinter den Begriffen "Sozialistischer Realismus" und "Abstraktion" verbarg sich eine simplifizierte Gegenüberstellung von Kommunismus und kapitalistischer Demokratie, Sozialismus und freiheitlicher Demokratie, die oft komplexere künstlerische Motivationen verschleierte.
Wojciech Fangor, Postaci (Figuren), 1950. Muzeum Sztuki in Łódź. Courtesy Galeria Stefan Szydlowski
Im globalen Maßstab wurde diese Dichotomie allerdings durch mehrere Faktoren verkompliziert – durch Dekolonialisierungskämpfe, Unabhängigkeitsbewegungen und antikolonialen Widerstand in Afrika, Asien und Nahost; selbst als die Machtblöcke des Kalten Krieges die neuen Nationen umwarben und unter ihre jeweilige Kontrolle zu bringen versuchten. Diese zunehmend unabhängiger werdenden Akteure schlugen im Gefolge von Imperialismus und Krieg ganz andere Ausrichtungen und Allianzen vor; hierzu zählen der Panafrikanismus und die sogenannte Blockfreienbewegung.
"Postwar: Kunst zwischen Pazifik und Atlantik, 1945-1965" spiegelt die allmähliche Veränderung von Überzeugungen in der Nachkriegszeit und zeigt, wie sich Kunst und Politik zunehmend verzahnten und sich unsere Welt zu einer Einheit verflochten hat. Überall stellte man die Frage: Wie würde eine globale Moderne aussehen? Wenn wir die Nachkriegsmoderne neu kartieren müssen: Welche Methoden stehen uns zur Verfügung? Wie groß war der Druck des Politischen auf das Ästhetische, des Kulturellen auf das Künstlerische? Und umgekehrt: Wie verhandelten oder untergruben Künstler, Kritiker und Intellektuelle politische Ideologien, wie setzten sie sich dagegen zur Wehr?
Charles Hossein Zenderoudi, The Sun and the Lion, 1960. Grey Art Gallery. New York - © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Die Ausstellung untersucht verschiedene Konzepte der künstlerischen Moderne wie Abstraktion, Realismus, Gegenständlichkeit und Figuration. Sie erkundet, wie sich die individuelle Rezeption und Formulierung der Moderne in all ihren Varianten manifestiert hat. Indem sie diesen Linien folgt, lädt sie dazu ein, über die Entwicklung einer Kunst nachzudenken, die Kontinente, politische Strukturen, Wirtschaftssysteme und institutionelle Rahmen überspannt.
"Postwar: Kunst zwischen Pazifik und Atlantik, 1945-1965" stellt also ein völlig neues Konzept von Ausstellung dar. Hier wird die Kunst der Nachkriegszeit zum ersten Mal aus vielen verschiedenen Perspektiven beleuchtet – Ost und West, Norden und Süden, Kolonisatoren und Kolonialisierte, Pazifik und Atlantik. In acht Kapiteln vollzieht die Schau die großen gesellschaftlichen Veränderungen der Jahre von 1945 bis 1965 nach: "Nachwirkungen: Die Stunde Null und das Atomzeitalter", "Form ist bedeutsam", "Neue Menschenbilder", "Realismen", "Konkrete Visionen", "Kosmopolitische Moderne", "Formsuchende Nationen" sowie "Netzwerke, Medien und Kommunikation".
Maruki Iri und Toshi, Fire (Panel II), aus der Serie Hiroshima Panels (15 Panels), 1950-82, Maruki Gallery, Higashi-Matsuyama, Saitama, Japan
Das Haus der Kunst bietet mehrmals wöchentlich öffentliche Führungen zur Ausstellung "Postwar: Kunst zwischen Pazifik und Atlantik, 1945-1965" (2 EUR / Person). Englische Führungen finden immer freitags um 18.30 Uhr im Wechsel mit den weiteren Ausstellungen im Haus der Kunst statt.
Weitere Vermittlungsangebote wie "Kunst nach Feierabend", "Kunst-Cocktail", "Kunst, Kaffee, Kuchen" und "Do you speak art?" finden Sie hier.
Jedes dieser Angebote kann auch auf Englisch zu Ihrem Wunschtermin gebucht werden.
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Private Führungen können Sie jederzeit zu einem von Ihnen gewünschten Termin buchen.
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